Seit dieser Woche habe ich endlich
eine Kampagne bei Patreon am Laufen. Das ist eine Plattform, um kreative Arbeit in einer Weise zu unterstützen, wie sie die mir bis dahin bekannten Crowdfunding-Modelle nicht boten - nämlich fortlaufend, projektunabhängig und so, dass man auch ganz klein anfangen kann. Besonders letzteres ist mir wichtig, weil ich mich nicht so
zum Marktschreier berufen fühle, und der müsste ich sonst sein. Bei Patreon mitzumachen war also keine schwere Entscheidung und ist bereits seit Ende 2013 ein fester Vorsatz. Dann kam
2014 dazwischen, und jetzt bin ich wahrscheinlich wieder mal der letzte da. Allein aus meinem näheren Webcomic-Umfeld sind mir
Sarah Burrini und
Leander Taubner zuvorgekommen.
In gewisser Weise hat es geholfen, dass vor einigen Wochen mein Rechner abgestürzt ist und ich mit meinen Webcomics in Rückstand geraten bin. Ursprünglich wollte ich nämlich den richtigen Zeitpunkt innerhalb von
Gate Crash abpassen und das Ganze mit einem passenden Webcomic-Update starten. Aber es bringt nichts, eine große Webcomic-Kampagne inmitten von
keinen Webcomics zu starten. Also mache ich es jetzt nach und nach, nebenbei und vor allem:
klein.
Zugleich habe ich auch einige Fragen vom Tisch gewischt, die mich sonst vielleicht noch länger beschäftigt hätten. Bereits im April habe ich für mich geklärt, ob ich die Kampagne lieber auf deutsch anlege (wie Sarah) oder auf englisch (wie Leander). Ich habe mich für englisch entschieden, weil meine deutschen Unterstützer ja schon meine Comics kaufen können, wenn sie wollen. Die englischsprachigen haben solche Möglichkeiten nicht. Und die Frage, ob ich alle meine Comics in den Pott werfe oder mich auf Conny Van Ehlsing konzentriere, stand auch lange auf Patt. Den Ausschlag hat schließlich gegeben, dass ich eher mal ein Gate-Crash-Ebook als Dankeschön produziert kriege als ein Conny-Album. (Also, im Prinzip jedenfalls. In Wirklichkeit habe ich seit dem einen
Gate-Crash-Print-Heft ganze vier Conny-Alben… aber das gehört nicht hierher.)
Was ich noch machen wollte und dann wegen des Absturzes nicht konnte, war
ein kleines Video, um das Ganze vorzustellen. Das Mikro für die Tonaufnahme hängt schon an der Decke (siehe Foto). Videos empfehlen sich, angeblich lassen sich da im Schnitt mehr Leute mit überzeugen als ohne. Mache ich noch, sobald ich dazu komme. Bis dahin muss es ein Cartoon tun, so was hat immerhin nicht jeder.
Wie Patreon funktioniert
Über Crowdfunding habe ich ja
schon öfter laut nachgedacht. Ich hatte nur nie ein Projekt, für das sich das lohnt, und habe auch jetzt keins. Außerdem braucht man für projektorientiertes Crowdfunding eine breite Grundlage an Unterstützern, die man in kurzer Zeit mobilisieren kann. Das Gute an Patreon ist, dass man all das anfangs nicht braucht, vorausgesetzt, man setzt sich einigermaßen realistische Ziele und hält das aus, wenn am Anfang erstmal
gar nichts passiert.
Im Prinzip funktioniert Patreon wie ein Abo-System, nur halt über einen zentralen Anbieter, bei dem sich Nutzer anmelden. Man kann einen regelmäßigen Beitrag spenden (die Auszahlungen aber auch deckeln) und erhält dafür “Rewards”, also betragsabhängig gestaffelten Content. Bei mir geht das von Webcomic-Updates und Skizzen über exklusive Zeichnungen bis zu Gratis-Ebooks. Ich überlege auch, noch eine Stufe für “Mäzene” einzubauen, wo es die Comics gedruckt gibt, finde aber drei Stufen erstmal genug.
Die Rewards lassen sich im Prinzip unendlich ausstaffeln - vor Jahren gab es mal auf einer anderen Plattform einen Musiker, der ein Album in zunehmend ausartenden Paketen angeboten hat, vom reinen Download über den Download plus CD über Sonderausgaben, personifizierte EPs, sein Schlagzeug, ein Minigolf-Wochenende mit ihm und anderen Berühmtheiten bis hin zu seinem Auto. Für Normalsterbliche empfiehlt es sich aber, die Optionen
einfach zu halten. Zum einen macht man es den Leuten damit leichter, sich zu entscheiden, zum Anderen muss man ja auch den Überblick behalten und vor allem die ganzen Extras auch liefern können.
Über die Stränge schlagen kann man aber gerne bei den Fernzielen, den “Milestone Goals”, die fällig werden, wenn die regelmäßigen Gesamtspenden selbstgesetzte Grenzen überschreiten. Dann kann man einen Google-Hangout für Sponsoren anbieten, ein eigenes Ebook, was auch immer. Wichtig ist nur, realistisch zu bleiben und nur Sachen anzubieten, die man in der Zeit, die einem das Geld freihält, auch leisten kann. Bei mir wird’s deshalb erst ab 1500$ im Monat so richtig verrückt. Ab da könnte ich davon leben und meine ganze Zeit dafür aufwenden. Und für den Fall, dass das trotzdem zu viel wird, habe ich mir ab 10.000$ im Monat vorgenommen, jemanden einzustellen.
Vor einigen Wochen hat die inzwischen in diesen Dingen viel bewandertere Sarah im Podcast
Yay, Comics! Rede und Antwort gestanden zum Thema Crowdfunding, zusammen mit Kickstarter-Erfolghaber
Daniel Lieske. Den Podcast kann ich allen empfehlen, die sich lieber erst noch ein bisschen informieren wollen.
Werde ich jetzt reich?
Anders als Kickstarter, wo zumindest anfangs noch Leute nach interessanten Projekten Ausschau gehalten haben sollen, ist Patreon nicht mal besonders gut durchsuchbar. Es ist auch noch zu unbekannt für eine richtige Breitenwirkung. Wenn man also nicht gerade eine Nische findet, für die sich die Leute dumm und dusselig bezahlen (Hentai-Promibildchen oder so), ist Patreon wohl eher für kleinere Beiträge gut. Ich denke mal, wenn Sarah auf ca. 250$ pro Update kommt, kann ich mit ein bisschen Mühe vielleicht auch meine 50 im Monat schaffen.
Aber Patreon ist nicht dazu gedacht, auf Breite zu spielen, sondern auf
Dauer. Wer weiß, wie sich das entwickelt. Vielleicht versinkt diese Kampagne ebenso in der Bedeutungslosigkeit wie mein Flattr-Account, aber vielleicht auch nicht. Selbst wenn jetzt erstmal anfangs gar nichts passiert, lässt sich das, zumindest materiell, aushalten, denn solange kostet es auch nichts. (Nervlich ist das was anderes. Wer die Neigung hat, obsessiv auf “neu laden” zu klicken, ob sich vielleicht in den letzten zwei Minuten was getan hat, sollte lieber etwas weniger Aufreibendes tun, um an Geld zu kommen. Vielleicht eine Bank überfallen oder so.)
Ein paar potentielle Fußfallen gibt es zu bedenken. Da Leute ihre Monatsausgaben deckeln können, ist es üblich, dass man nicht ganz so viel Geld kriegt wie auf der Patreon-Seite angezeigt, selbst wenn man die Gebühren für PayPal und Patreon selber beiseite lässt. Im Extremfall könnte jemand eine Million als Spende angeben, aber den Monatsbetrag bei 1$ für alle unterstützten Projekte deckeln - ich hätte also gar nichts und müsste, zumindest theoretisch, trotzdem alle meine Milestone Goals bis 1 Mio. erfüllen. Keine Ahnung, ob es dafür einen Präzedenzfall gibt. Hat aber auch nicht jeder, wie ich, ein Eine-Million-Dollar-Goal.