Der m(ech)anische Comiczeichner

Max Vähling zeichnet Comics und redet darüber.


Dienstag, 4. Dezember 2007
Orden und Ehrenzeichen
Herausbringen
Was gehört auf ein Cover?

Vor einiger Zeit habe ich hier die These gewagt, dass die meisten Informationen, die wir normalerweise auf einem Cover finden, im Internet überflüssig sind. Man erkennt sie nicht in der Thumbnail-Ansicht des Webshops, und sie stehen eh daneben in der Produkt-Info. Was bleiben muss, ist der Titel. Und natürlich das Bild.

Anders sieht es aus, wenn der Comic im Laden steht. Dann gehören alle wichtigen Informationen gut lesbar aufs Cover. Autor, Preis, Heftnummer, Verlagslogo und alles, was einen Kaufanreiz schafft. Auf Messen ist das nicht unbedingt alles nötig, weil der Autor, Verlag usw. ja danebensitzt und die Frage nach dem Preis für die Leute, die den Preisaufsteller übersehen (gibt es immer), gerne beantwortet.

Es gibt aber noch eine andere Art von Notwendigkeit, über die ich in der Praxis immer wieder stolpere. Als Beispiel nehme ich mal keinen Comic, sondern die CD, die ich für die Dimple Minds gestaltet habe, denn da fiel es besonders ins Auge. Hier ist mein Design, das auch gleich von der Band abgesegnet wurde:

CD-Motiv ohne Orden und Ehrenzeichen
Schön, nicht? Aber irgendwie sieht es noch nicht richtig wie eine CD aus, sondern wie ein rundes Bild mit Loch. Irgendwas fehlt. Ich war nicht ganz zufrieden und kurz davor, es aufs Motiv zu schieben. Aber ich war ja noch gar nicht fertig: CD-Motiv, mit Orden und Ehrenzeichen.
Dasselbe Motiv, nur jetzt mit den Copyright-, GEMA- und Labelhinweisen, die man auf einer CD erwartet. Und schon sieht das alles viel professioneller und wie eine richtige CD aus. (Wusstet Ihr übrigens, dass es kein GEMA-Logo gibt, das man runterladen und auf die CD packen kann? Hätte ich eigentlich erwartet. Stattdessen habe ich getan, was wohl alle CD-Gestalter tun: Vier Buchstaben, Rahmen drum, sieht aus wie echt. Ist es dadurch auch.)

Auf ein Heftcover übertragen, können diese Zeichen den Unterschied zwischen einem Fancomic und einem professionellen Produkt markieren. Obwohl sie eigentlich gar keinen Zweck in sich haben und ein Profi sich damit eigentlich gar nicht abgeben muss. Diese Symbole haben die gleiche Wirkung wie Orden an einer Uniform oder Madonnenbildchen oder Knoblauchzehen. Sie signalisieren die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Kreis (Offiziere, Kirche, Vampirjäger, Comic-Profis) und die Abgrenzung zu einem anderen Kreis (Infanterie, Sünder, Vampire und Hexen, Amateurzeichner). Bleibt trotzdem die Frage: Wie viele davon braucht es? Gerade im Netz?

Es gibt ja noch eine zweite Ansicht des Covers. Es verändert seine Aufgabe, wenn man das Heft gekauft hat. Vorher ist es die Werbung für das Heft, der Marktschreier. Hinterher ist es die Einleitung. Ähnlich dem Vorspann eines Films, im Gegensatz zum Plakat. Also spricht das Cover zum Leser, der sich gerade hingesetzt hat, um das Heft zu lesen: "Dreadful Gate Productions präsentiert: Monsterjägerin Conny Van Ehlsing, vol. 1, Heft 1: ABC-Schützin. Vom Jähling. In der ersten Geschichte..." Alles, was auf den Comic einstimmt, gehört auch nach dem Kauf noch aufs Cover. Alles andere? Der Preis in verschiedenen Währungen? Die ISSN-Nummer, so vorhanden? Alterssiegel der Freiwilligen Selbstkontrolle für Serienbilder? Copyrightnotiz? Zitat von irgendeinem Comic-Superstar, wie toll der Comic ist?

All das KANN aufs Cover, aber nicht weil es inhaltlich etwas aussagt, sondern damit der Comic am Messetisch nicht abgewiesen wird wie ein Restaurantbesucher ohne Schlips. Dieser Unterschied ist wichtig. Einiges muss vielleicht noch dazu, wenn der Comic über größere Vertriebe gehen soll (Amazon z. B. besteht auf einer ISBN-Nummer und wohl auch auf den dazugehörigen Balkencode.) Das ist natürlich auch wichtig. Am allerwichtigsten aber ist, dass diese Symbole nicht die Ansicht des Hefts kaputtmachen. Und damit meine ich wieder die Thumbnail-Ansicht im Online-Shop. Alles, was da nicht zu erkennen, aber zu sehen ist, irritiert. Auch wenn alles auf einer Shopseite zweimal gesagt wird, im Cover und daneben, kann das irritieren. Und was irritiert, schreckt ab.

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