
Ich habe mir mal wieder meinen Soziologenhut aufgesetzt und einen Beitrag geschrieben für den jetzt erschienenen Band “Fremdkontrolle. Ängste - Mythen - Praktiken”, herausgegeben von Michael Schetsche und Renate-Berenike Schmidt. (Einige von euch erinnern sich vielleicht, dass ich nicht nur Comiczeichner bin, sondern auch Sozialwissenschaftler, wenn auch nicht so oft.) Das Buch beleuchtet das Thema Fremdkontrolle aus verschiedenen Perspektiven und in verschiedenen Zusammenhängen, unter Anderem als Motiv im Comic. Dem zugrunde liegt eine unwillkürliche Vorstellung der Comics als bunte und irgendwie ‘knallige‘ Geschichten für Kinder (oder Kindgebliebene), die auf Spannung oder Humor ausgelegt sind, in jedem Fall aber eher auf einen unreflektierten Affekt als auf Reflexion und Kontemplation abstellen.Tatsächlich sehe ich die Reduktion des Comics auf diese Vorstellung davon zwar als Fehler, denn sie verbaut den Blick auf die darüber hinausgehenden Möglichkeiten des Mediums. Aber gleichzeitig steckt da auch eine Chance: denn gerade die aus Pulp- und der Vaudeville-Elementen geformte Tradition des Comic bietet enorme Möglichkeiten, ein gegebenes Thema (zum Beispiel die Fremdkontrolle) auf die Spitze zu treiben.
Erzählerische Motive, die dieser Vorstellung entsprechen, werden als besonders ‚comichaft‘, als dem Comic-Medium in besonderer Weise entsprechend, wahrgenommen – unabhängig davon, was für Inhalte sich sonst noch in Comics darstellen lassen oder in welchen Medien diese Elemente sonst zum Ausdruck kommen. Wenn ich im Folgenden vom ‚Comichaften‘ spreche, meine ich deshalb keine Eigenschaft, die sich wirklich auf die Comics bezieht, sondern eine inhaltliche Zuschreibung von außen, die den Comic nicht als formale Ausdrucksform sieht, als Medium, sondern als inhaltliche Nische, als Genre, oder genauer, als klar abgrenzbare Gruppe von Genres. Dabei haben die Rezeption und die Analyse des Comics als Medium seit der Entstehung dieser Vorstellung starke Fortschritte gemacht. (...)
Wenn es so etwas wie einen ‚comic-typischen‘ Umgang mit dem Motiv der Fremdkontrolle gibt, dann findet er sich wahrscheinlich am ehesten in jenem Bereich des Comics als Genre, über den die Comic-Theorie (und auch der Comic selbst) hinausgewachsen ist. Es gilt also zunächst, herauszuarbeiten, was denn genau dieses Typische ist, ohne dabei die Problematik einer Verengung des Begriffs zu vergessen.
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