Ich lese gerade wieder
Derek Sivers' Gratis-Ebook
"How to Call Attention to your Music". Sivers ist der Gründer des CD-Versandhandels CD Baby, bei dem ich genau ein mal bestellt habe, aber das ist heute noch eine meiner Lieblings-CDs. (
Like an Engine von
Amilia K. Spicer.) Später verdutzte er einen Haufen Leute, indem er CD Baby verkaufte und das Geld spendete. Heute schreibt und spricht er über Themen wie Selbstpromotion und den Mut, was Besonderes anzufangen.
Das Ebook enthält eine Menge guter Tipps, die nicht nur für Musiker interessant sind. (Ehrlich, wer glaubt, Musikertipps hätten nur Belang für andere Musiker, hat etwas Wesentliches beim Konzept der kreativen Arbeit nicht kapiert, und außerdem
dieses Blog nicht
aufmerksam genug
gelesen.) Ich werde sicher noch ein paar davon hier besprechen. Hier soll es erstmal um einen davon gehen, und der hat auch mit Amilia K. Spicer zu tun.
Wiederholt spricht er davon, der Musik eine kurze Beschreibung mitzugeben. Knackig, plastisch, damit auch Leute, die gerade nicht selber reinhören können, eine möglichst klare Idee davon kriegen, was man macht. "Irgendwie alles Mögliche" oder "einfach gute Musik" reicht da halt nicht, denn darunter kann man sich nichts Konkretes vorstellen. Seine eigene Musik hat Sivers als "Mischung aus James Brown und den Beatles" beschrieben, und selbst wenn das nicht auf alles zutrifft, kriegt man ein Bild, das besser ist als "melodischer, aber auch irgendwie rhythmischer Pop".
In anderen Medien gilt das auch. Jahrelang wurden Filme mit Vergleichen zu anderen Filmen vorgestellt. "Es ist
Stirb langsam in einem U-Boot" oder "Eine Mischung aus
King Kong und
Dirty Dancing". (Ehrlich gesagt, DEN würde ich mir sogar angucken.) Inzwischen soll diese Art des "Pitching" übrigens in Hollywood nicht mehr gefragt sein. Hat aber den Vorteil, dass man nicht nur eine abstrakte Vorstellung der Grundidee kriegt, sondern gleich ein konkretes Gefühl für den vorgestellten Film.
Wenn man etwas im Vergleich zu zwei anderen Titeln pitcht, sind die beiden Titel selber eigentlich nicht interessant. Was die Fantasie anspricht, ist der Kontrast dazwischen. Die seltsame Schimäre, die man sich vorstellt, die in dem Zwischenraum lebt. Als MP3s noch neu waren und auf MP3.com lebten, konnte man da Musik finden, indem man bekannte Musikernamen eingab. Die Suchfunktion zeigte dann Bands an, die diese Namen als Referenz angegeben hatten ("klingt wie..."). Ich habe dann immer darauf geachtet, wen sie sonst angegeben hatten, und wenn der Kontrast, nicht so sehr die genannten Namen, interessant schien, habe ich reingehört. Auf die Weise habe ich eine Menge guter Sachen gefunden. Spicer hatte ihren Stil zwischen Rickie Lee Jones und Bruce Springsteen angesiedelt. Ich bin kein großer Springsteen-Fan, aber der Kontrast zu Jones schien interessant genug, um reinzuhören, und wie gesagt, ihr erstes Album ist heute noch eine meiner Lieblingsplatten. Eine Kombination von, sagen wir, Van Halen und Steve Vai dagegen sagt mir nur, dass der Betreffende sich für einen guten Gitarristen hält.
Die Gegenüberstellung sagt mir auch, welche Seite von Springsteen Spicer meint - eher die Songwriter-Seite oder eher die Stadionrocker-Seite? Wenn sie Springsteen mit Van Halen aufgelistet hätte statt mit Jones, wäre das ein ganz anderes Bild.
Es reicht aber nicht, einfach irgendeine schräge Kombination aufzurufen. Das muss schon irgendwie stimmen, denn erst in der Übereinstimmung zwischen der vorgestellten Schimäre und dem tatsächlichen Biest, das man dann hört oder sieht, verfestigt sich der Eindruck zur Entdeckung. Ironie (zwischen Dieter Bohlen und
Alle meine Entchen") ist hier ebensowenig hilfreich wie die Nennung völlig unbekannter oder nur einem bestimmten Kreis vertrauter Sachen. Beides schafft keine Vorstellungen, sondern nur Abgrenzungen.
Das funktioniert auch für Comics. Wie könnte man
Conny Van Ehlsing richtig beschreiben? Mischung aus
Buffy und
Calvin & Hobbes? Naja, das liegt irgendwie nahe. Sollte ich noch weiter auseinandergehen? Ich muss auch nicht bei den Comics bleiben, ich will ja eh nicht nur Comicfans ansprechen. (Okay,
Buffy ist ursprünglich auch gar kein Comic.) Buffy und ...
Krazy Kat?
Hellboy und die
Peanuts?
Für
Reception Man würden sich
Spider Man und
Buster Keaton anbieten...
Gefällt mir eigentlich alles ganz gut, für den Anfang. Ich übe das mal, für
die Messe nächste Woche. Da werden mich bestimmt wieder eine Menge Leute fragen, worum es bei meinen Comics geht.