Der m(ech)anische Comiczeichner

Max Vähling zeichnet Comics und redet darüber.


Dienstag, 5. Mai 2009
Nachdruck
Herausbringen
Seit der Leipziger Messe ist das Olga-Stark-Heft ausverkauft, das erste Reception-Man-Heft beinahe (nur noch ein Exemplar). Zeit, mich nach einem neuen Drucker umzusehen. Den alten kann ich nicht mehr benutzen, das haben die mir damals unmissverständlich klargemacht. Die Umstände wollte ich ursprünglich in meinem Beitrag über die Techno-Tyrannis unterbringen, aber die Geschichte verdient eine eigene Erwähnung. Lasst mich also von dem Jahr erzählen, das ich mit dem falschen Print-on-Demand-Service verschwendet habe.

Print on Demand ist eigentlich eine gute Sache für Kleinverleger - man kann das Gedruckte einzeln bezahlen und muss nicht gleich beim ersten Heft viel Geld investieren. Leider gibt es in Deutschland immer noch kaum Anbieter, bei denen sich ein Heft, zumal im Amiformat, in Winzauflagen günstig produzieren lässt. Also habe ich mir die amerikanischen Anbieter angeguckt und mich schließlich zwischen zweien entschieden, für den, dessen Online-Shop irgendwie solider schien. (Ich nenne keine Namen, weil das Ganze ein Jahr her ist, und vielleicht haben sie sich ja gebessert. Andererseits sind die Missverhältnisse, auf die ich damals aufmerksam gemacht habe, immer noch auf ihrer Webseite zu finden.)

Von Anfang an ging alles schief. Im Frühjahr 2007 schaltete ich den ersten Auftrag, erstmal nur um in den Onlineshop zu kommen. (Dafür bestellt man eine Auflage von 0; es geht nur darum, die Daten hochzuladen.) Druckexemplare wollte ich später bestellen, wenn ich ein paar Hefte mehr fertig haben würde. Wegen des Portos zwischen den USA und hier schien das sinnvoller. Ich lud die Daten auf einen vom Drucker empfohlenen Server, gab die Adresse bei der Bestellung an, bekam eine Mail, dass ich jetzt die Daten hochladen sollte (?!), schickte eine Antwortmail mit der Adresse und dem Passwort für die Datei, bekam noch eine Mail, dass die Datei ja passwortgeschützt sei und ob ich bitte mal das Passwort rüberschicken sollte (!?!), dann kam endlich die lang erwartete Mail, ob ich das Heft auch im Onlineshop anbieten wolle, ich füllte das entsprechende Formular aus und wartete. Auf der Webseite des Druckers gab es zu der Zeit die "Queue", in der man den Status der Bestellung anhand von Farben für die verschiedenen Stadien verfolgen konnte. Meine Bestellung wurde erfasst, verarbeitet, natürlich nicht gedruckt - und dann verschwand sie.

Inzwischen waren auch die anderen drei Hefte "im System". Ich packte alle vier Hefte in eine Bestellung und wartete wieder. Allerdings schien meine erste Bestellung schon nicht mehr zu existieren, jedenfalls erhielt ich eine Mail, dass ich wohl nur drei von vier Heften hochgeladen hätte. (?!?!?) Ich klärte das Missverständnis, aber die Datei war wohl verloren, also schickte ich alles nochmal. Ein halbes Jahr nach der ersten Bestellung erhielt ich dann meine Probeexemplare.

Sie sahen auch ganz gut aus, nur war das Trade Paperback (das Reception Man/Olga Stark-Doppelalbum) unten abgeschnitten oder sonstwie falsch angelegt, jedenfalls fehlte was. Und die Farben des Covers waren falsch. Der Drucker korrigierte die Farben, ich korrigierte die Einträge im Onlineshop, die inzwischen endlich erschienen waren. Zumindest drei von den vieren, denn der erste Comic war wieder verschwunden.

Normalerweise werden die Druckdaten im Nutzerkonto des Kunden gespeichert, damit der jederzeit Comics nachbestellen kann, ohne über den normalen Webshop zu gehen. In meinem Fall ist einer der Comics von vornherein nicht richtig angezeigt worden, die anderen verschwanden nach dem Eintragen in den Webshop. Auf meine Nachfrage hieß es, das sei ein Softwarefehler, das komme vor.

Also musste ich die Auflage für Erlangen (von jedem verbleibenden Comic, dachte ich, so fünf) aus dem Onlineshop bestellen. Wo der Portorechner so eingestellt war, dass er für jeden einzelnen Comic das Gewicht eines Umschlags dazurechnete, weshalb ich das Porto für fünfzehn Comics und fünfzehn Umschläge bezahlen musste, obwohl natürlich alles in einem Umschlag kam. Ich rutschte in eine andere Porto-Flatrate, die 20$ teurer war, und konnte nichts tun. (Glaubt mir, ich habe es versucht. Später hieß es dazu, ich hätte es nun mal so bestellt.)

Dann kamen die Comics, ziemlich genau ein Jahr nach der allerersten Bestellung. Lasst es mich so ausdrücken: Das einzige, was stimmte, war die Druckqualität.

Immerhin fand ich jetzt heraus, warum das Trade Paperback unten abgeschnitten war. Auf der Webseite des Druckers gab es nämlich widersprüchliche Angaben über die Breite von Trades. Ich hatte mich an die in der Layoutanleitung gehalten und die von der Bestellseite gekriegt (ca. 5mm breiter), weshalb das Album, in der Breite angepasst, unten abgeschnitten ist. Das ist ein allgemeines Problem der Webseite, also dachte ich mir, ich weise mal darauf hin, und ob sie wohl bitte meine Druckvorlage entsprechend anpassen könnten?

Außerdem hatten sie die Hefte nicht im handelsüblichen 90°-Winkel zurechtgeschnitten, sondern teilweise mit 89° und einmal sogar 88°. Das ist ein halber Zentimeter Unterschied zwischen der linken und der rechten Kante. Für dieses Mal konnte ich das noch durchgehen lassen. (Ich musste ja eh noch zwei Exemplare an die Nationalbibliothek schicken, da habe ich einfach die genommen.) Aber sie sollten doch bitte in Zukunft darauf achten.

Nach etwa einem Monat kam dann eine knappe Antwort auf meine Email. Die Kernaussage:
"... apparently we're just not up to your standards. So we've decided regretfully to remove your listings [...], accept no more orders from you, and wish you good luck in your future endeavors." Kein Gruß, Name.
Offenbar denkt man, diese Probleme gehen weg, wenn ich weggehe.

Wahrscheinlich waren sie einfach genervt, weil ich dauernd irgendwas zu meckern hatte. (Obwohl ich mich sehr freundlich fand, und ich HATTE ja auch was zu meckern.) Der Drucker legt Wert darauf, nur zu drucken. In den FAQ steht, dass sie zwar die anderen Sachen (Layout, Farbanpassung) auch machen, aber ungern und deshalb nur für viel Geld. Diese Einstellung fand ich anfangs sympathisch, sie ist aber grundlegend falsch: Wer ein Geschäft betreibt, muss jeden einzelnen Aspekt davon so gut ausführen, wie es irgend geht. Die Produktion sowieso. Aber auch die Abwicklung des Geschäfts erfordert volle Aufmerksamkeit. Bis hin zur Bearbeitung von Beschwerden. (Ich könnte auch sagen, mich interessiert nur das Zeichnen, aber dann sollte ich halt nicht meine Hefte selber rausbringen und auch nicht auf Messen auftreten.)

Ungefähr zur gleichen Zeit, als die letzte Mail kam, habe ich bei einem lokalen Drucker das Conny-Album in Auftrag gegeben. Ich konnte nicht nur das Papier aussuchen, sondern probefühlen, und wir haben alle Details des Drucks persönlich besprochen. Konnte ich gleich umso mehr würdigen.

Aber für die Hefte kommt das nicht in Frage, ich brauche ja wirklich nur Kleckerauflagen. Mein erster vorsichtiger Versuch, mit dem anderen Print-on-demand-Anbieter, den ich damals im Auge hatte, Kontakt aufzunehmen, wurde umgehend mit einer informativen Mail beantwortet. Jetzt ist es an mir, die Druckvorlage umzubauen (denn jeder Drucker, selbst wenn alle ungefähr dasselbe Format bedrucken, hat eigene Anforderungen, und nach meiner Erfahrung lohnt es sich fast immer, sich daran zu halten, bis auf jenen einen Fall) und abzuschicken. Keine Ahnung, ob die Erfahrungen so positiv bleiben - in der Szene ist dieser Drucker der weniger beliebte; es heißt, die Qualität und der Service seien sehr unzuverlässig und Glückssache. Andererseits schwören die Leute, die das sagen, auf den Drucker, der rechteckige Hefte für eine Zumutung hält. Ich weiß also nicht, wie zuverlässig diese Einschätzungen sind.

Nachtrag 2014: Der Drucker hat inzwischen, nochmal ein, zwei Jahre nach diesem Artikel, die Webseite überarbeitet, und die widersprüchlichen Angaben zum Trade-Format sind endlich weg. Als ich in einem Forum mal von meinen Erfahrungen berichtete, zeigte sich eine Mitarbeiterin, die auch im Forum war, sichtlich entrüstet und konnte sich gar nicht vorstellen, dass ich damals so abgekanzelt worden war. Vielleicht haben sie wirklich gelernt, wie ich manchmal höre. Das wäre ganz gut, denn ich werde wohl über kurz oder lang wieder mit ihnen zu tun haben müssen: Erstens hat mein anderer Drucker inzwischen dichtgemacht, und zweitens habe ich neulich festgestellt, dass Reception Man Nr. 0 fünf Jahre nach Kündigung meines Kontos immer noch im Webshop des ersten Druckers angeboten wird. Zweimal sogar! Ich glaube nicht, dass die inzwischen viel Geld damit verdient haben, aber es würde mich schon interessieren, an wen das geht, wenn doch. Vielleicht sollte ich spaßeshalber mal ein Exemplar bestellen.

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