Neben den bekannten Projekten, die mich ständig beschäftigen, sollte ich auch langsam ein älteres zum Abflug bringen, das schon seit zwei Jahren fast vollendet auf meinem Schreibtisch liegt (beziehungsweise seit dem letzten Großputz auf der Fensterbank dahinter):
Codename: Olga, die Spionageabenteuer von Olga Stark, der späteren Starreporterin und Reception-Man-Flamme. Warum ich da gerade jetzt dran denke?
Weil ich im nächsten halben Jahr mit einer Welle von Heldinnen rechne, besonders im Indie- und Webcomic-Bereich. Der Anlass dafür ist ein Wettbewerb des US-Labels Shadowline, bei dem mehrere tausend Autoren Konzepte für Superheldinnen eingesandt haben. Wenn auch nur ein Bruchteil der Teilnehmer so drauf ist wie ich, dann werden sie das verpasste Finale nicht einfach als "Warwohlnix" hinnehmen, sondern weiter an ihren Konzepten arbeiten, bis sie bereit sind, die Comics selber zu veröffentlichen - und selber veröffentlichen, das bedeutet im Moment zuallererst im Netz. Ich mach's jedenfalls so. Beziehungsweise werde ich noch einen anderen Wettbewerb Mitte des Jahres abwarten. Zumal ich bis dahin ja genug zu tun habe. (Deshalb bitte ich auch um Verständnis, wenn ich mein Konzept entgegen meiner Gewohnheiten hier jetzt nicht vorstelle.)
Olga ist zwar keine Superheldin, bedient aber die gleichen Impulse, die den Wettbewerb getragen haben und den Charme der Comics ausmachen dürften, die aus dem Projekt entstehen, unabhängig oder nicht: Sie ist sexy, tough, emanzipiert auf nicht-feministische Art (also ohne theoretischen Überbau), sie steckt die Männer reihenweise weg usw. Es war nie das ungewöhnlichste meiner Konzepte, aber durchaus ein charmantes, das ich immer noch mag. Und das auch immer nur für den spaßigen Actioncomic zwischendurch gedacht war, passt also schon. Das ist aber auch genau der Grund, weshalb Olga immer hinter wichtigeren Projekten wie Conny zurückstehen musste. Und weshalb sie jetzt Gefahr läuft, zwischen den ganzen Superheldinnen dieses Jahres zu verschwinden, wenn ich nicht schnell genug handle.
Natürlich sind Heldinnen nicht erst seit jetzt in. Auch Shadowline reagiert nur auf einen bereits bestehenden Trend. In den Neunzigern gab es die "Bad Girls"-Welle, gefolgt von BUFFY und ihren zahlreichen Nachfolgerinnen. Ich denke da nur an
Girl Genius,
Agnes Quill oder
Trese, um mal nicht immer die selbe Nachfolgerin zu erwähnen.
Aber wenn die Fäden, die Shadowline hier ausgelegt hat, richtig aufgegriffen werden, kann daraus ein neues/erneuertes Internet-Mem werden. Und wenn das passiert, macht es einen Unterscheid, ob Olga von Anfang an dabei war oder nur in der fünften oder sechsten Welle mitschwimmt. Gerade bei diesen Memen, oder wie Seth Godin sie nennt,
Ideen-Viren, kommt es, mehr noch als bei herkömmlichen Trends, drauf an, vorne dabei zu sein.
Passt mir eigentlich gerade gar nicht. Ich mache deshalb erstmal das erste Conny-Heft fertig, dann den Online-Shop, an dem ich gerade bastle, oder vielleicht andersrum. Und dann werfe ich noch mal einen Blick auf Olga. Wenn ich noch Zeit habe, bringe ich sie schnell heraus, wenn nicht, muss ich halt einen neuen Ideen-Virus drumherum bauen...