Der m(ech)anische Comiczeichner

Max Vähling zeichnet Comics und redet darüber.


Sonntag, 3. Februar 2008
Noch mehr Fetisch: Bücher selber machen
Herausbringen
Ich bin nicht nur ein Freund des Offline-Lesens und des In-den-Händen-Haltens, ich habe auch bestimmte Vorstellungen des Lesenwollens.

Das ist mir zuerst aufgefallen, als ich Jim Munroes hiermit sowieso empfohlenen Roman "Flyboy Action Figure Comes with Gas Mask" ausdrucken wollte und überlegte, wie ich das Dokument am besten anlegen sollte.

"Flyboy" ist, wie so ziemlich alle Romane Munroes, nicht nur gedruckt, sondern auch als Gratisdownload erhältlich. Es gibt ja inzwischen viele Autoren, die ihre Bücher auch als Gratis-Downloads anbieten. Am bekanntesten ist Cory Doctorow, im Sachbuchbereich gibt es etwa Lawrence Lessig oder Seth Godin, dessen "Unleashing the Idea Virus" ich gerade ausgedruckt habe, weshalb ich jetzt auf dieses Thema komme. Wenn ich noch nicht weiß, wie gut ein Autor sein wird, er aber Gratisdownloads anbietet, dann lade ich sie nicht nur herunter, ich drucke sie auch besonders liebevoll aus.

Das bedeutet, nicht einfach nur eine Blattsammlung. Möglichst noch zwei Seiten auf je eine verkleinert. Bei solchen Ausdrucken denke ich ans Studium, und außerdem sind diese Ordner beim Lesen unbequem zu halten. Und es dauert sehr lange, bis man mal zum Umblättern kommt. Man sollte meinen, das wäre nun wirklich egal, trägt aber zum Nichtgenuß beim Lesen bei. Also habe ich mir, bei "Flyboy" - oder vielleicht bei Corys "Down and Out in the Magic Kingdom", ich weiß nicht mehr, welches das erste war - genau überlegt, wie ich es am liebsten lesen will. Die optimale Größe, die optimale Art des Seitenzusammenhaltens, des Seitenschützens. Wisst Ihr, was nach genauem Überlegen die beste Art war, einen langen Text, der zum Genuss gelesen werden will, zu präsentieren?

Ein Buch.

Der Punkt ist: Ich bin nicht nur ein Mensch des letzten Jahrhunderts, wenn es um Lesevorlieben geht, ich bin auch ein Gewohnheitsmensch des letzten Jahrhunderts. Das ist ein weiterer Grund, weshalb ich Conny gerne als Album will, warum ich meine Hefte nicht mehr kopiert, sondern gedruckt will, und warum ich sie im Comicbookformat will und nicht in einem dieser Annäherungsformate, die wir in Deutschland haben, oder gar in A5: Ich will, dass es von allen Seiten so aussieht und sich so anfühlt wie ein professioneller Comic.

Zum Glück bin ich nicht ganz ungeschickt, also fiel es mir leicht, den Text auf A5 auszudrucken (bequeme Größe), zu leimen (bequeme Seitenfassung - in der Mitte und mit möglichst wenig Papierplatzverbrauch) und einen Umschlag dazuzukleben (bequemer Seitenschutz - das Buch zerfleddert nicht so leicht und fühlt sich gut an). Und hatte ein selbstgebasteltes Taschenbuch. Nicht ideal - der Holzleim hält nicht ewig -, aber bis das Buch durch ist, reicht's.

Ich schätze, das macht mich zum Ober-Geek, aber ganz ehrlich, ich habe es keine Seite lang bereut. Damit Ihr auch zum Ober-Geek werden könnt, und weil heute Sonntag ist und die nächste Conny-Seite fast fertig, ich also eh gerade nicht so viel zu tun habe, hier meine Anleitung:

1. Druckt das Buch auf A5-Papier aus. Selbst wenn Euer Drucker keinen beidseitigen Druck erlaubt, könnt Ihr mit Acrobat erst die ungeraden, dann die geraden Seiten ausdrucken. Achtet darauf, wie Euer Drucker die Seiten einliest, damit das Zeug nicht durcheinandergerät. Probiert es vielleicht erstmal mit 8 Seiten aus. Übrigens: A5-Papier gibt es im Schreibwarengeschäft. Oder Ihr schneidet einfach A4-Papier in der Mitte (quer) durch.
(Ergänzung 2014: Inzwischen kriegen die meisten Druckertreiber das, glaube ich, auch so hin.)

2. Legt am Anfang und am Ende je zwei leere Blätter dazu.

3. Ritzt die Seite, die geleimt werden soll (im Folgenden Buchrücken genannt), mit einem Teppichmesser ein. Viele Kerben.

4. Streicht einen Streifen Papier, der so hoch ist wie das Buch, dick mit Holzleim ein. Streicht auch den aufgerauten Buchrücken mit Holzleim ein und klebt den Streifen darüber. Knickt ihn dabei an beiden Seiten um, so dass er die Seiten etwas mit abdeckt.

5. Lange trocknen lassen.

6. Klebt vorne und hinten etwas dickeres Papier als Umschlag an. Ihr könnt auch ein Cover ausdrucken. Fotokarton ist eh genau richtig, von der Breite her. Wenn der Umschlagkarton zu lasch ist, wird das Buch sich irgendwie schlapp anfühlen, und wenn er zu dick ist, wird es unflexibel und bricht leicht.

7. Klebt noch einen Papierstreifen über den Buchrücken, wieder so, dass er auf die Umschlagseiten überlappt. Auch diesen Papierstreifen könnt Ihr gestalten, das ist euer äußerster Buchrücken, Ihr könnt also mindestens den Titel draufdrucken/-schreiben. Ihr könnt diese Manschette auch von innen mit einem Stück Pappe oder Fotokarton verstärken, das genauso breit ist wie das Buch. Je dicker das Buch, desto sinnvoller ist das.

8. Noch länger trocknen lassen.

9. Lesen. Oder mir schicken, und ich lese es dann.

Viel Spaß!

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