Der m(ech)anische Comiczeichner

Max Vähling zeichnet Comics und redet darüber.


Donnerstag, 10. Januar 2008
Man kann sich's auch schönrechnen, aber...
Herausbringen
Es heißt, einen Comic zu drucken lohnt sich erst ab ein paar tausend Exemplaren. Es heißt, je mehr Exemplare man druckt, desto billiger wird im Verhältnis das einzelne Album. Das stimmt, aber nicht ganz so, wie man sich's vorstellt.

Das Ding ist: Man darf die Kosten pro Heft nicht einfach per Druckpreis-durch-Auflage ausrechnen. Was zählt, sind nicht die 1750 Exemplare, die jahrelang im Keller liegen, sondern die 250, die Du auch verkaufst. (Idealisierte Rechnung. Ich wäre froh, wenn ich 250 Comics loswürde.)

Ich habe mich spaßeshalber mal bei verschiedenen Digitaldruck-Anbietern in Deutschland umgeguckt. Die von mir gelegentlich erwähnten amerikanischen Drucker sind nämlich zwar billig, aber was man beim Druck spart, zahlt man leicht mal beim Porto drauf, und man verzichtet auf den Luxus, einfach mal selber beim Drucker vorbeizuschauen und in einem Gespräch Entscheidungen zu treffen, etwa bezüglich der Papierart, für die man sonst einen wochenlangen e-Mail-Austausch braucht. Da kann sich ein Vergleich vielleicht doch mal lohnen.

Mein erster Eindruck ist: Was für ein Chaos! Es scheint, die wenigsten Drucker in Deutschland haben kapiert, worum es beim Digitaldruck und der Auftragsvergabe per Internet geht. Die wenigsten bieten auch nur Preistabellen oder grobe Überblicke an. Muss man per Mail erfragen, was schon wieder umständlich ist, wenn man's selber noch nicht so genau weiß. Von einem Preisrechner, an dem man ohne wochenlangen E-Mail-Austausch verschiedene Druckmodelle ausrechnen kann, ganz zu schweigen. Davon, dass der Sinn beim Print-on-Demand ist, Geld zu sparen, haben die meisten auch nicht gehört. Da zahlt man leicht mal für ein Album wie Conny über 10 Euro. Dafür erscheinen die Schwarzweißkontraste dann auch vierfarbig, weil sich die Option nicht wegklicken ließ.

Einen Anbieter habe ich dann doch gefunden, der einigermaßen billig schien. Ich könnte Alben für 4,- pro Stück produzieren, bei, sagen wir, 9,80 Verkaufspreis wären das fast 6,- Gewinn. Doch auch so kann man nicht rechnen.

Ich habe das mal bei verschiedenen Auflagen durchgespielt, geleitet von der Frage, wieviele ich verkaufen muss, um den Druckpreis wieder rauszuholen. Denn so muss man rechnen. Alles darüber ist dann Gewinn - wenn man's verkauft kriegt.

100 Exemplare kosten bei diesem Drucker* 470 Euro. Bei einem Verkaufspreis von 9,80 müsste ich also 48 verkaufen, bei, sagen wir, 8,50 EUR 55 Stück.
120 (499 EUR): 50/59;
150 (599 EUR): 61/70;
200 (704 EUR): 72/83;
1000 (2.500 EUR): 256/295.

Und das ist nur der Druckpreis. Dazu kommen noch Händlerrabatte (wenn ich über Händler gehe), der Preis für die ISBN-Nummer usw.

Aber Ihr seht schon, worauf es hinausläuft: Wenn ich nicht sicher bin, dass ich über 250 Hefte verkaufen kann, dann ist eine 1000er-Auflage eben nicht die günstigere Lösung. (Beziehungsweise, bei solchen Mengen wäre vielleicht Offset doch billiger, aber dann stellt sich die gleiche Frage eben bei entsprechend weniger Exemplaren.) Ich muss davon ausgehen, wie viele ich meine, verkaufen zu können.

Dann muss ich noch die Rezensions-, Ansichts- und Tauschexemplare einplanen. Denn wenn ich beispielsweise nur 50 Exemplare drucken lasse, muss ich zwar nur 30 davon verkaufen, aber mindestens 20 werde ich normalerweise darüber hinaus ohne Gewinn los. Dann ist die Auflage weg, und zwar bestimmt genau in dem Moment, wo ein besonders wichtiges Magazin ein Rezensionsexemplar bestellt oder ein bis dahin treuer Händler den Lagerbestand aufstocken will. Und, wie gesagt, das sind nur die Druckkosten. In diesem Sinne rechne ich damit, dass ich allermindestens 90 drucken muss (lohnt sich ab ca. 40 verkauften), um genug Puffer zu haben. Und ein paar mehr als man zu brauchen meint sollten es schon sein.

Andere Faktoren, die ich einplanen muss, sind, wieviel Geld ich zu dem Zeitpunkt habe, wieviel Platz ich im Keller habe, wie feucht der ist (Plastikfolie kostet nämlich extra) und wie lange ich mir erlauben kann, den Punkt, wo sich's lohnt, noch nicht erreicht zu haben. Zehrt ja auch an den Nerven, wenn man noch im Minus ist.

Die richtige Auflage zu bestimmen, ist also eine sehr komplizierte Rechnung mit mehreren Unbekannten. Kein Wunder, dass die meisten Verleger lieber den Druckpreis durch die Auflage teilen. Ist zwar teurer, aber einfacher.

______________________

*) Ich sag' nicht, welcher Drucker. Nachher ist der sauer, weil ich nicht sauber gerechnet habe und hier verbreite, dass er teurer sei als er tatsächlich ist, und dann will er vielleicht mein Album nicht mehr drucken.

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Es ist sicherlich deprimierend ein paar hundert Alben im Keller horten zu müssen, ganz klar. So wird so eine Erstauflage wohl bei 150 Exemplaren liegen, schätze ich mal.

Gibst Du eigentlich auch Exemplare an die kleinen Zeitungskioske oder Bücherläden in Deiner näheren Umgebung ab?

Ich glaube, wer Comics produziert, der hatte auch irgendwann, vielleicht ganz zu Anfang, als er mit dem Zeichnen begann, den Traum ein ausgezeichnetes Produkt zu kreieren. Also, einen sehr schönen Erfolg zu erzielen. Das ist doch ganz bestimmt so.

Letztens sah ich mir einen Comic an, der zwar wirklich gut gezeichnet war, den ich aber überhaupt nicht komisch fand, weil die Hauptperson sich aus Frust von einer Klippe ins Meer stürzte - sich einfach umbrachte. Ich meine, was soll daran komisch sein? Auf der Titelseite hätte besser: Tragic, statt Comic stehen sollen. Was mich auf den Gedanken brachte einmal näher auseinander zu fusseln was Komik eigentlich ist. Aber als Spezialist in diesen Dingen könntest Du mir sicherlich genau erklären was das innere Wesen der Komik ausmacht oder wodurch genau die Komik hervorgerufen wird, denke ich mal.

... durch eigenartige, seltsame Angewohnheiten/Wesenszüge/Aussehen zum Lachen reizen ...

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Ich werd's nochmal genau durchrechnen müssen, wenn ich weiß, welche Kosten insgesamt durch das Album entstehen, aber ich rechne auch mit 150. Plus ein paar Print-on-Demand-Ableger, die es im Zweifel halt raushauen müssen.

Das mit der Komik ist eine wunderbare Anregung, da kann ich mir wirklich mal ein paar Gedanken zu machen. Allerdings klingt es für mich, als hättest Du einfach nur den falschen Comic gehabt. Das Wort "Comic" ist in den letzten Jahren immer wieder angegriffen worden, eben weil Comics ja nicht immer witzig sind. Aber wenn Comics immer witzig wären, hätten sie es als Medium einfach nicht weit geschafft. Ich hatte da nie Probleme mit. Ich sage ja auch "Tempo" zu Papiertaschentüchern von anderen Firmen.

Im Grunde stellst Du also zwei Fragen: Die nach dem "komisch" in Comics, was auch deswegen wichtig ist, weil Connys Abenteuer im Lauf der Serie immer ernster werden. Und die nach dem Wesen, den Ausdrucksformen der Komik im Allgemeinen. Was natürlich in einem Blog (unter Anderem) über das Schreiben immer eine sinnvolle Frage ist.

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Oh, und was Deine andere Frage angeht: Wenn sie's haben wollen, gerne. Allerdings bin ich viel zu bescheiden, um mich allzusehr aufzudrängen.

Meine Erwartungen sind dabei eher eher mittelmäßig. Ein Exemplar meines letzten Heftes, GATE CRASH, liegt schon beschämend lange beim Comichändler meines Vertrauens und wird und wird nicht gekauft. Ich habe schon oft überlegt, ein zweites dazuzustellen, damit die Leute nicht denken, sie nehmen das letzte, oder verschiedene Ecken des Ladens auszuprobieren, aber ich möchte die Geduld des Händlers auch nicht überstrapazieren. Natürlich macht ein Album mehr her als ein A5-Heft, aber wer nach Mangas und Ami-Heften sucht, nimmt nicht unbedingt auch Conny Van Ehlsing mit. Vielleicht wenn ich die englische Ausgabe da lasse...

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>Das mit der Komik ist eine wunderbare Anregung, ... <

Ja, das ist bestimmt eine prima Idee mal dies Wort: Komik, unter ein Vergrößerungsglas zu legen um dann sehr schön herauszuarbeiten was das Wesen der Komik überhaupt ist, wodurch eigentlich das Schmunzeln, die Belustigung oder das Lachen beim Leser hervorgerufen wird. Denn dann wirst Du auch eine gewisse bildhafte Vorstellung sicherlich entwickeln, wie Du ein Schmunzeln beim Leser entfachen kannst. Also, darüber genauestens Bescheid zu wissen wird sich ziemlich lohnend auf Text und Bilder auswirken. Das kann ich mir jedenfalls vorstellen.

Ich bin ja bloß ein Konsument. Ich mag den Hägar ganz gern. Die Bild- und Textkomik ist schon belustigend.

Mit meiner Frage nach den Zeitungshändlern meinte ich eigentlich nur ob Du auch eine genügende Anzahl von Verkaufsstellen hast, damit Du auch genügend verkaufen kannst. Ich dachte nur es wäre doch eine gute Idee die Hefte in möglichst viele Läden zu bringen, so dass sie auch eben ihre Leser dann finden.

Die englische Ausgabe, vielleicht wirkt sie ja verkaufsfördernd, könnte gut sein.

Komik - Komik hat auch was mit Komödie zu tun. Es gibt welche, da kann man sich wirklich schlapp lachen. Jetzt fällt mir natürlich grad keine als Beispiel ein, wieder typisch. Die Komödie gabs ja schon bei den antiken Griechen und es war zuerst ein fröhlich lärmender Festumzug mit Gesang und Gelage zu ehren des Gottes des Weines und Weinanbaus, dem Bacchus. Das ist der Ursprung von Komödie. Ja, ich hab mich etwas hineingebissen jetzt, in dies Thema: Wodurch entsteht das Schmunzeln beim betrachten der Bilder und des Lesen des begleitenden Textes ...

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Achso, was mir grad noch eingefallen ist, ich glaube Mundpropaganda ist der wesentlichste Verkaufsantreiber bei Comic-Heften. Wenn jemand erzählt, dass dies oder jenes Heft urkomisch ist oder wirklich köstlich witzig ist, dann wird genau diese Aussage den nächsten Kauf auslösen. Was natürlich wiederum bedeutet, je lustiger ein Comic in Text und Bildern ist, desto größer wird die Mundpropaganda werden. Was wiederum dazu führt, dass plötzlich Presseartikel über den Comic erscheinen ... und dann ... jetzt geht die Fantasie mit mir durch * grien, wird die nächste Druckauflage im Bereich von tausenden Heften anzusiedeln sein ...

Der entscheidende Punkt, ich meine, der wirklich wesentliche Aspekt, der Sache ist wohl: Können die Bilder und Worte den Leser zum Lachen und Schmunzeln reizen und wie gut gelingt das? Ich glaube darauf muss man sein Hauptaugenmerk legen. Gelingt es vorzüglich, dann wird ein Heft ganz gewiss dem Namen Comic auch gerecht werden.

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