Der m(ech)anische Comiczeichner

Max Vähling zeichnet Comics und redet darüber.


Donnerstag, 26. Juni 2014
Standaufbau: Wer keinen Platz hat, organisiert ihn
Der letzte Beitrag scheint bei einigen Lesern negativer angekommen zu sein, als er gemeint war. (Echt, Leute! ICOM-Erwähnung? Klassentreffen? Landbier? What’s not to like?) Tatsächlich haben einige von uns am PANEL-Stand den kleineren und besser versteckten Stand in Halle C mit weniger Sportsgeist aufgenommen als andere. Aber ich sehe in solchen Situationen eher nach vorne und denke nicht “wer ist schuld”, sondern “das ist die Situation, was machen wir jetzt draus”.

Als Bert vom PANEL und ich mit zweistündiger Verspätung auf unserer eh schon ziemlich langen Bahnreise in Erlangen ankamen, hatte unser Standpartner Rautie bereits das meiste so weit aufgebaut. Wir haben noch ein paar Tische umgerückt, entschieden, dass wir doch nicht zwei Stühle brauchen, und die Auslage bestückt. Das Verdienst, den Stand ziemlich in die Höhe zu bauen, mit vergrößerten Titelbildern als Schildern, ist klar Rauties.

Hier ist ein kleines Video, via Rautie, das den Stand zeigt:


Ich denke, wir haben das Beste aus dem Platz gemacht, den wir hatten, jedenfalls mit den Mitteln, die wir kurzfristig organisieren konnten. Wir wurden sogar dafür gelobt. Immer noch hatten wir das Problem, dass entweder einer von uns an den Stand passte oder ein Käufer, was Verkaufsgespräche etwas schwierig machte. Hätten wir noch einiges besser machen können? Sicherlich, vor allem wenn wir nicht erst Wochen vor dem Salon von dem neuen Standplatz erfahren hätten.

Da dieses Blog vor allem auch Klein- und Selbstverlegern Anregungen geben soll, habe ich hier mal ein paar Gedanken zur Organisation eines Messestandes mit wenig Platz aufgelistet, inklusive einiger Möglichkeiten, die wir aus verschiedenen Gründen nicht genutzt haben. Einiges davon ist auch mit mehr Platz sinnvoll, aber je weniger Platz man hat, desto wichtiger wird, was man damit macht.
  • Nicht frontal bauen. Ein 2x2-Meter-Stand mit einem Tisch davor ist kein Stand, das ist ein Tisch mit toter Fläche dahinter. Der Rest der 4qm wird nicht mehr wahrgenommen. Deshalb, und weil wir den Signiertisch noch unterbringen wollten, haben wir den Auslagetisch an die Seite gestellt. Interessierte konnten reinkommen und sich umgucken, solange sie keine heftigen Bewegungen machten. Das ist einladender und kommunikativer.
  • Nach oben bauen. Unsere erste Idee zu einem Stand mit drei Wänden war, überall Regale enbringen zu lassen und in die Höhe zu bauen. Frühere Messen haben gezeigt, dass sich die Regale nicht eigneten, unser Sammelsurium an Vertriebstiteln vorzuzeigen - das wirkt nur konfus. Je eine Reihe mit den Neuerscheinungen bündelt die Aufmerksamkeit ganz anders. Das haben wir, obwohl wir den Platz gut hätten brauchen können, auch diesmal so gemacht. Ganz oben hatte Rautie vergrößerte Heftcover und Taschen platziert. Das hätte vielleicht etwas weniger Rautie-zentriert ausfallen können, um mehr auf unsere Vielfalt aufmerksam zu machen, aber von den anderen Sachen hatten wir keine Vergrößerungen, und die PANEL-Neuveröffentlichungen sind nun mal alle von Rautie.
  • Stehen statt sitzen. Sowieso kann man einen Messetisch im Stehen besser bespielen als im Sitzen. Man kommt überall an, ohne sich zu überanstrengen, kann über eine lebendigere und engagierende Körpersprache verfügen (nein, Leute festhalten meine ich nicht) und ist mit den Kunden auf Augenhöhe. (Naja, Bert und ich sind bei vielen schon drüber, was eigene Probleme mit sich bringt. Aber stehen ist trotzdem besser.) Umso mehr bei einem kleinen Stand, wo ein Stuhl und die Beine eines Sitzenden nur Platz wegnehmen.
  • Immer jemanden um den Block schicken. Ein Vorteil des kleineren Standes war, dass wir mit drei Leuten ausnahmsweise nicht unterbesetzt waren, sondern überbesetzt. Wenn einer signiert und zwei dabei stehen, ist der Raum voll und niemand traut sich mehr ran. Also haben wir immer jemanden freigestellt, und manchmal saß der Signierende auch alleine da. Ja, saß, denn für den Signierenden gilt das mit dem Stehen nicht. Eigentlich.
  • Ein Stehpult wäre gut gewesen. Das hätte das Problem gelöst, dass der Signierende im Gedränge optisch verschwindet. Es hätte Platz gepart und dem Signierenden, der ja uach Teil des Stand-Teams war, und oft der enzige am Stand, mehr Möglichkeiten gegeben, auf potenzielle Käufer zu reagieren, die so, bevor man sich bemerkbar machen konnte, oft schon wieder weg waren.
  • Weniger signieren. Normalerweise bieten wir immer irgendeine Signiertätigkeit an, und normalerweise wird das gut angenommen, denn, wer hätte es gedacht, Comicfans sehen gerne jemanden zeichnen. Zudem bieten Signierstunden Gelegenheit, den Stand ausrufen zu lassen und damit Präsenz zu schaffen. Aber an dem kleinen Stand wäre es vielleicht klug gewesen, Zeiten zu haben, in denen der Signiertisch frei und wir darauf konzentriert gewesen wären, Kundengespräche zu führen.
  • In den Raum spielen. Wir haben versucht, laufende Gespräche möglichst in den Gang zu verlegen, um die Sicht auf den Stand nicht zu blockieren. Das klappte mal besser, mal schlechter. Schlechter, wenn wir dabei auch einige Comics zeigen wollten.
Einige werden sich vielleicht wundern, wenn ich hier von "bespielen" spreche. Das hat seinen Sinn, denn einen Stand zu betreiben, hat immer auch was Performatives. Man muss Leute ansprechen, ihnen aber auch die Zeit lassen, sich umzugucken, vershiedene Rollen darstellen (den Künstler, den Verkäufer, den Herausgeber) usw. Das ist alles unabhängig von Aufbau, Größe und Position des Standes und wahrscheinlich mindestens ebenso wichtig, wenn nicht mehr.

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