Der m(ech)anische Comiczeichner

Max Vähling zeichnet Comics und redet darüber.


Samstag, 25. Oktober 2008
Prekär abwesend
Arbeitsorganisation
Ich bin nicht da, wo ich sein sollte.

Wo ich sein sollte, vernünftigerweise, ist die Comic Action in Essen. Ist einfach doof gelaufen. Einen eigenen Stand kann ich mir nicht leisten, und weder das Comicwerk noch PANEL, meine naturgegebenen Partner für so was, fahren hin. (Außerdem war der Anmeldeschluss für Stände irgendwann im Mittelalter, das hätte ich eh nicht mehr rechtzeitig geschafft.) Ich hätte mich noch um einen Platz in der Zeichnerallee bemühen können, aber irgendwie bin ich da auch nicht zu gekommen. Stattdessen sitze ich in Bremen, schiebe Nachtschichten und lasse mir das Fahrrad klauen. Bei der Nachtschicht. In der ersten Nacht der Comic Action. Wink, wink?

Und je mehr ich darüber nachdenke, umso mehr scheint mir der Grund dafür, dass ich in dieser Grauzone bin, in der ich mir nicht leisten kann, hinzufahren, aber auch nicht, nicht hinzufahren.

Selbst an einem mittelmäßigen Messetag würde ich immer noch eine Handvoll Alben verkaufen. Das ist nicht genug, um 500 Euro Standmiete zu rechtfertigen (oder wieviel das war), aber für sich betrachtet ist es genau die Menge, die mich im Moment von den schwarzen Zahlen trennt. (Ohne Fahrt- und Standkosten müsste ich noch sechs bis acht Conny-Alben verkaufen, je nachdem ob mit CD oder ohne.) Das macht diesen Ausfall natürlich besonders prekär.

Überhaupt, prekär ist das Stichwort. Prekäre Arbeitsverhältnisse kennen wir alle. Gibt es auch so was wie eine prekäre Selbständigkeit?

So richtig verkauft man in meiner Größenordnung nur auf Messen. Allerdings lohnt sich auch das erst ab "richtig viel", sonst geht der meiste Gewinn fürs Auf-die-Messe-Fahren drauf. (Nichtgeklaute Fahrräder kann man nicht in die Rechnung einbeziehen, auch wenn das in meinem Fall durchaus angebracht wäre.) Irgendwie verkruxt. Was ich EIGENTLICH brauche, ist mehr Präsenz im Handel. Damit ich auch, wenn keine Messe ist, etwas verkauft kriege. Präsenz auf den Messen ist aber auf einer anderen Ebene wichtig - sie signalisiert, dass ich noch da bin. Auch dem Handel gegenüber.

Eine Selbständigkeit, die ständig vom Verschwinden bedroht ist, wäre wahrscheinlich die klassische Definiton von prekär. Diese hier gefällt mir aber besser: Wenn die selbständige Tätigkeit sich ständig selber bedroht, weil ich zum Beispiel vor lauter Zeichnen und Herausbringen nicht dazu komme, auf eine Messe zu fahren, oder die Verkäufe noch nicht die (teure) Aufnahme ins Verzeichnis lieferbarer Bücher rechtfertigen, ohne die es aber auch weniger Verkäufe sind. Oder wenn ich gar nicht so viele Comics ausliefern kann, wie ich müsste, um davon zu leben, einfach weil ich dann keine Zeit mehr hätte, welche zu zeichnen, die ich ausliefern kann.

Gut, dass ich nicht Philosophie studiert habe. Sonst müsste ich mich jetzt wegdefinieren. Als Soziologe kann ich dem Schwebezustand sogar einen Namen geben. So musste ich nur mein Fahrrad wegdefinieren.

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