Ich habe halt nichts anderes gelernt...
Morgen darf ich nicht arbeiten. Das hat mir der Arzt verboten.
Denn morgen habe ich eine Magenspiegelung, um herauszufinden, woran ich eigentlich erkrankt bin. Das wissen wir nämlich immer noch nicht. (Was wir wissen: Meine Leber, meine Galle, meine Bauchspeicheldrüse und meine Blutwerte sind völlig in Ordnung. In jeder anderen Situation hätte ich mich darüber gefreut.) Dazu werde ich kurz unter Narkose gesetzt. Wegen der Nachwirkungen der Narkose darf ich dann den Rest des Tages nicht arbeiten. Aus Neugier habe ich nachgefragt, ob sich das auch auf geistige Arbeit bezieht. Denn körperliche Arbeit, das könne ich ja verstehen, nachher schliefe ich ein und fiele vom Baugerüst oder so. Nein, auch geistige.
Was ich eigentlich fragen wollte, war natürlich: Auch meine Arbeit? Comics? Ich kenne kaum etwas Entspannenderes als meine Arbeit. Die meisten mir zur Verfügung stehenden Freizeitbeschäftigungen sind anstrengender als Comics zu zeichnen. Ich weiß natürlich, wie erschöpft ich nach einem Tag Zeichnen bin, aber ich frage mich, wie gesundheitsschädlich das sein kann, selbst nach einer Narkose. Naja, wahrscheinlich werde ich einfach den Rest des Tages zu ausgekotzt sein, um mich auf irgendwas zu konzentrieren oder so was. Ich fand nur die Ankündigung seltsam. Als ob ich das dann nicht selber merken würde.
Trotzdem bringt mich das zu der Frage: Was ist in diesem Zusammenhang eigentlich Arbeit? Beziehungsweise, welcher Teil davon ist der Arbeit-Teil? Fängt die Arbeit da an, wo es mühselig ist, wie es Hannah Arendt in VITA ACTIVA definiert hat? Ist es nur dann Arbeit, wenn man es innerlich verabscheut und sich nach dem Feierabend sehnt, wie einem manchmal Leute mit solchen Jobs ernsthaft beizubringen versuchen, wohl damit sie sich mit ihrem Leben nicht so mies fühlen? Ist es Arbeit, weil ich hoffe, irgendwann Geld dafür zu kriegen? Und wie sieht es aus, wenn meine Freizeit mehr Arbeit im mühseligen Sinn beinhaltet als meine Arbeit?
Tatsache ist, ich bin ein Workaholic. Wenn ich nicht arbeite, denke ich an die Arbeit, es sei denn, ich lenke mich mit irgendwas ab, und das ist dann auch wieder irgendwie Arbeit. Die Hälfte der Bücher, die ich lese, haben mit Arbeit zu tun, denn ich achte auf eine Balance zwischen soziologischen Büchern (mein Ausbildungsberuf) sowie arbeitsbezogenen Sachbüchern einerseits und Fiktion andererseits. Bei der immer ein Auge offen bleibt für die Analyse von Plot-Konstruktion, Dialogführung, Charakterisierungen - sprich, ein Teil meiner Aufmerksamkeit arbeitet mit. Noch mehr beim Filmegucken und Comiclesen. Das Besondere an einer Arbeit, die sich mit der Erzählkunst beschäftigt, ist, dass sie nie ganz aufhört, solange irgendwo in meiner Gegenwart irgendwas erzählt wird. Ich habe mich schon dabei erwischt, wie mir Freunde irgendein Erlebnis erzählten und ich nicht dem Erlebnis, sondern der Erzählstruktur folgte. Oder: Gestern wollte ich früh ins Bett und habe dann doch zum Einschlafen den ersten Entwurf einer Kurzgeschichte geschrieben.
Irgendwie muss ich gerade an Robert Gernhardt denken. Der hat das zwar anders gemeint, aber ich zitiere ihn trotzdem mal (aus dem Gedächtnis, also seht mir etwaige Ungenauigkeiten bitte nach. Außerdem bin ich krank):
Ich weiß nicht, was ich bin,
Das schreibe ich gleich hin.
Da ha'm wir den Salat,
Ich bin ein Literat.
In diesem Sinne - guten Montag, allerseits.